Nachtblau
Im Mikrokosmos der Farbe
Anmerkungen zu den malerischen Arbeiten von Claudia Heinicke
Fernab vom Zeitgeist der überbordenden Narration einer neorealistischen Nachwendeära argumentiert Claudia Heinicke jenseits des Figurativen im vergessen geglaubten Feld von Abstraktion und Konkretion. Konsequent und mit großer Sensibilität entwickelt sie eigenständige bildnerische Strategien, die sie engagiert und mit nahezu meditativ anmutender Geduld malerisch zelebriert. Dabei setzt sie sich ausgiebig mit den Auffassungen der Gegenwartskunst auseinander, ohne die richtungsweisende Tradition der Moderne des 20. Jahrhunderts zu vergessen. Insbesondere in der informellen Malerei und im abstrakten Expressionismus fand Claudia Heinicke ein breites Feld für die eigene künstlerische Inspiration.
So haben, wie sie selbst sagt, Arbeiten von Joan Mitchell, Max Cole und Agnes Martin ihrer künstlerischen Arbeit wesentliche Impulse gegeben.
Die neueren Arbeiten von Claudia Heinicke lassen eine weitergehende Konzentration erkennen: Waren in den früheren Arbeiten noch gestische Zeichen und ein narrativer expressiver Duktus bildbestimmend, so entwickelt sie nun ein bildimmanentes Leitmotiv, das strukturelle Cluster und farblich reduzierte Bildrhythmen thematisiert.
Technoide Bildelemente wie die Raster, die Zeilen und das flimmernde Rauschen audiovisueller Medien, sind seit Jahrzehnten Teil unserer Wahrnehmungskultur. Das Wissen um diese bildverarbeitenden Techniken ist integraler Bestandteil der malerischen Position der Künstlerin. Stakkatoartig reihen sich die zahllosen malerischen Kürzel in summarischer Akkumulation und in konzentriertem Duktus aneinander, ohne zu illustrieren.
Nach wie vor - wie in den früheren Arbeiten - sind die umgebende Natur, aber auch Stadtlandschaften sowie deren zugrundeliegenden Konstruktionen und Ordnungsschemata Ausgangspunkt und Motiv für die geradlinig variierten Bildreihen. Die verwendeten Farben sind diesen malerischen Anlässen zunächst entnommen und werden im Verlauf des bildnerischen Prozesses im besten Sinne des Wortes abstrahiert. Der vordem emotional eingesetzte Duktus wird dabei nicht aufgegeben, allerdings innerhalb der entstehenden Bildstrukturen sensitiv gebändigt und verfeinert. Die von ihr bevorzugte Technik des Aquarells steigert die Konzentration auf Momentanes, die dem Malprozess innewohnende Transparenz offenbart eine Vielschichtigkeit jenseits des Räumlichen.
So erzielt Claudia Heinicke eine hochemotionale Ausdruckskraft innerhalb der feingliedrigen Bildraster und variiert diese, ohne in allzu geometrischer Kühle zu stagnieren. Sicherlich sind der Künstlerin die konstruktivistischen Konzepte der sechziger und siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts vertraut; von der Gefahr aber, sich in der der oft vereinfachten Geometrie und der manchmal formal und dekorativ reduzierten Farbigkeit dieser Auffassungen zu verfangen, ist sie weit entfernt.
Michael Soltau
Text aus dem Katalog: Fünf Positionen der Gegenwart in Mecklenburg-Vorpommern - Reinhard Buch, Christian Frosch, Claudia Heinicke, Peter Klitta, Cindy Schmiedichen - Kunstpreis der Mecklenburgischen Versicherungsgruppe für Bildende Kunst in Mecklenburg-Vorpommern 2020/2021.
Zur Person:
Michael Soltau arbeitet im Bereich Fotografie, Video und Klang; Professor für visuelle Medien und ihre Didaktik bis 2019 am Caspar-David-Friedrich-Institut, Greifswald.
www.michael-soltau.de
Fernab vom Zeitgeist der überbordenden Narration einer neorealistischen Nachwendeära argumentiert Claudia Heinicke jenseits des Figurativen im vergessen geglaubten Feld von Abstraktion und Konkretion. Konsequent und mit großer Sensibilität entwickelt sie eigenständige bildnerische Strategien, die sie engagiert und mit nahezu meditativ anmutender Geduld malerisch zelebriert. Dabei setzt sie sich ausgiebig mit den Auffassungen der Gegenwartskunst auseinander, ohne die richtungsweisende Tradition der Moderne des 20. Jahrhunderts zu vergessen. Insbesondere in der informellen Malerei und im abstrakten Expressionismus fand Claudia Heinicke ein breites Feld für die eigene künstlerische Inspiration.
So haben, wie sie selbst sagt, Arbeiten von Joan Mitchell, Max Cole und Agnes Martin ihrer künstlerischen Arbeit wesentliche Impulse gegeben.
Die neueren Arbeiten von Claudia Heinicke lassen eine weitergehende Konzentration erkennen: Waren in den früheren Arbeiten noch gestische Zeichen und ein narrativer expressiver Duktus bildbestimmend, so entwickelt sie nun ein bildimmanentes Leitmotiv, das strukturelle Cluster und farblich reduzierte Bildrhythmen thematisiert.
Technoide Bildelemente wie die Raster, die Zeilen und das flimmernde Rauschen audiovisueller Medien, sind seit Jahrzehnten Teil unserer Wahrnehmungskultur. Das Wissen um diese bildverarbeitenden Techniken ist integraler Bestandteil der malerischen Position der Künstlerin. Stakkatoartig reihen sich die zahllosen malerischen Kürzel in summarischer Akkumulation und in konzentriertem Duktus aneinander, ohne zu illustrieren.
Nach wie vor - wie in den früheren Arbeiten - sind die umgebende Natur, aber auch Stadtlandschaften sowie deren zugrundeliegenden Konstruktionen und Ordnungsschemata Ausgangspunkt und Motiv für die geradlinig variierten Bildreihen. Die verwendeten Farben sind diesen malerischen Anlässen zunächst entnommen und werden im Verlauf des bildnerischen Prozesses im besten Sinne des Wortes abstrahiert. Der vordem emotional eingesetzte Duktus wird dabei nicht aufgegeben, allerdings innerhalb der entstehenden Bildstrukturen sensitiv gebändigt und verfeinert. Die von ihr bevorzugte Technik des Aquarells steigert die Konzentration auf Momentanes, die dem Malprozess innewohnende Transparenz offenbart eine Vielschichtigkeit jenseits des Räumlichen.
So erzielt Claudia Heinicke eine hochemotionale Ausdruckskraft innerhalb der feingliedrigen Bildraster und variiert diese, ohne in allzu geometrischer Kühle zu stagnieren. Sicherlich sind der Künstlerin die konstruktivistischen Konzepte der sechziger und siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts vertraut; von der Gefahr aber, sich in der der oft vereinfachten Geometrie und der manchmal formal und dekorativ reduzierten Farbigkeit dieser Auffassungen zu verfangen, ist sie weit entfernt.
Michael Soltau
Text aus dem Katalog: Fünf Positionen der Gegenwart in Mecklenburg-Vorpommern - Reinhard Buch, Christian Frosch, Claudia Heinicke, Peter Klitta, Cindy Schmiedichen - Kunstpreis der Mecklenburgischen Versicherungsgruppe für Bildende Kunst in Mecklenburg-Vorpommern 2020/2021.
Zur Person:
Michael Soltau arbeitet im Bereich Fotografie, Video und Klang; Professor für visuelle Medien und ihre Didaktik bis 2019 am Caspar-David-Friedrich-Institut, Greifswald.
www.michael-soltau.de